TCM - Orientierung an der Weisheit des Herzens

Heilpraktiker Bernd Monecke im Gespräch mit Monika Feuerlein
Erschienen in KGS Ausgabe Juli 2014

In der traditionellen Chinesischen Medizin ist das Herz der Kaiser: Es regiert über die seelischen und mentalen Aspekte aller anderen Organe und zeigt an, ob wir emotional im Gleichgewicht sind. Monika Feuerlein sprach mit dem langjährigen TCM-Lehrer und Heilpraktiker Bernd Monecke über die Bedeutung des Herzens für die Gesundheit und heilsame Beziehungen.

Bernd, du verbindest körperorientierte Methoden der Chinesischen Medizin wie Akupunktur und Shiatsu mit Klängen und Traumreisen zur Herzöffnung. Welche Rolle spielen die Emotionen in der Gesundheitslehre der TCM?
Gefühle sind lebensnotwendig. Ärger zeigt uns, wo unsere Grenzen sind, Angst macht uns wachsam, Unruhe im Herzen ist ein Zeichen dafür, dass wir auf subtiler Ebene etwas klären müssen. Es geht um das richtige Maß und darum, dass die Gefühle fließen können. Wir alle kennen eine heilsame Form der Trauer, wenn wir weinen und uns danach besser fühlen. Aber es gibt auch eine Trauer, bei der wir an etwas festhalten und ausgelaugt sind. Wenn alle Emotionen wahrgenommen, ausgedrückt und wieder losgelassen werden können, haben wir die besten Voraussetzungen, um gesund zu bleiben. Eine einfache Übung dafür ist, die Emotionen zu beobachten und in sie hinein zu atmen, ohne zu bewerten.

Ein gesundes Herz braucht also einen ruhigen Verstand?
Eine gesunde Herzenergie steht in der TCM für beides, für einen klaren Geist und Intellekt, sowie für die Fähigkeit, sich und andere zu lieben. Das Herz ist der Sitz von Shen, der "göttlichen Seele". Diese regiert über die seelischen und mentalen Aspekte aller anderen Organe. Ein gutes Shen zeigt sich in klaren Augen und gutem Auffassungsvermögen, aber auch in Lebensfreude und Liebesfähigkeit. Wie Saint-Exupérys kleiner Prinz sagt: "Die Menschen sehen nur mit dem Herzen gut."

Welche Rolle spielen die Emotionen in der TCM?
Eine sehr zentrale Rolle: In der TCM werden sie bestimmten Organen und diese wiederum den fünf Elementen zugeordnet. Beispielsweise ist das Herz für Liebe und Freude, aber auch für Unruhe zuständig und gehört zum Feuerelement. Auf diese Weise wird der Mensch sehr differenziert in Beziehung zu den Gesetzmäßigkeiten der Natur gestellt. Menschen, die zuviel Feuer haben, wirken oft unkonzentriert, überarbeitet und hektisch. Stärkt man dann das Erdelement, zum Beispiel durch eine entsprechende Ernährung, können diese Menschen wieder in ihre Mitte kommen. Gefühlszustände sind also auch eine Art Alarmsystem, das uns signalisiert, wenn wir etwas ändern müssen, um gesund zu bleiben.
Ein "falscher" Umgang mit den Emotionen wird in der TCM als eine der Hauptursachen für das Krankwerden gesehen. Eine Emotion gar nicht fühlen zu können, kann dabei genauso krank machen, wie ein Gefühl nicht mehr loslassen zu können. Ein klassisches Beispiel sind seitliche Kopfschmerzen aufgrund von Ärger, den wir auf der Arbeit "hinuntergeschluckt" haben. In der TCM ist die Ursache dann in der Regel ein Leber-Qi-Stau, weil die Leber für den freien Fluss der Emotionen und insbesondere den Ärger verantwortlich ist.

Was können wir machen, um gesund zu bleiben?
Wenn wir in allen Grundemotionen der Fünf Elemente (siehe Kasten) aus einem klaren Shen, das heißt aus einer klaren Geist-Seelen-Ebene heraus, fühlen und handeln, sind wir gesund. Wir nehmen dann alle Emotionen in den entsprechenden Momenten als klärend, lösend und heilsam war, ohne in ihnen zu versinken, oder blockiert zu sein. Oft leisten wir Widerstand gegen unsere Emotionen, aus unseren alten Konditionierungen heraus. Das macht sich dann meist als diffuses Gefühl von Unruhe in uns bemerkbar. Heilung entsteht durch das "einfach zulassen" der Gefühle, die im Hier und Jetzt da sind. Ohne die Schleier dessen, wie wir fühlen, denken oder sein "sollten".

Welche Erfahrungen hast du selbst damit gemacht?
Aus einer tiefen Überzeugung heraus, nicht gut genug zu sein, habe ich mich lange Jahre immer an den "schlauesten" Menschen um mich herum gemessen. Das hat das Mangelgefühl in mir nur noch mehr verstärkt. So lief ich einem Idealbild von mir als intellektuellem Menschen hinter her, welches nicht wirklich meiner tiefsten Herzebene entsprang. Meine Freunde spiegelten mir immer wieder, teils sehr schmerzhaft, dass sie mich nicht als authentisch empfanden. Es war sehr anstrengend, dieses Selbstbild vor mir und anderen aufrechtzuerhalten. Als ich dieses Muster irgendwann erkannte und allmählich loslassen konnte, fiel mir buchstäblich ein Stein nach dem anderen vom Herzen. Mein Leben wurde immer leichter und ich nahm mich und die Welt um mich herum immer leuchtender und freudvoller wahr. Dieser Prozess, die eigenen Selbstbilder aufzulösen, hört nie auf.

Wie wirkt sich eine geschwächte Herzebene auf unsere Beziehungen aus?
Die Beziehungsmuster, die sich dann zeigen, beruhen meistens auf einem gefühlten Mangel an Liebe, der in der Kindheit erfahren wurde. Wenn wir als Kind "gelernt" haben, dass wir die Liebe der Eltern nur bekommen, wenn wir deren Bedürfnisse oder Ansprüche erfüllen, entwickelt sich oft ein Helfersyndrom. Dann machen wir alles, um geliebt zu werden. Oder wir übernehmen den Part, den uns unsere Eltern spiegelten und lieben den Partner nur, solange er unserem Ideal entspricht. Ist das irgendwann nicht mehr der Fall, verschwindet die Liebe auf "unerklärliche" Weise. Einen Ausweg sehe ich darin, dass beide Partner genug Raum für sich selbst nehmen, um sich eben die Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken, die sie zuvor beim anderen gesucht haben.

Wie kann die Herzebene heilen?
Es ist wichtig, die "Unruhe des Herzens" auszuhalten. Sie kann entstehen, wenn wir uns nachts verirren, oder weil wir Angst haben, nicht gut genug zu sein. In beiden Situationen geht es darum, immer wieder neu zu fühlen und anzunehmen, bis wir unsere Muster immer klarer wahrnehmen und ihnen nicht mehr ausgeliefert sind.
Das Herz liebt es, wenn wir Glücksmomente kultivieren, indem wir zum Beispiel bewusst die Natur erleben oder mit Kindern spielen und mit ihnen ins Hier und Jetzt eintauchen. Es heilt, wenn wir uns liebevoll berühren, tanzen, singen und authentisch sind. Wenn wir das tun, spüren wir wieder mehr Freude an den kleinen Dingen und fühlen, dass das Glück, das wir solange gesucht haben, einfach da ist.

Bernd Monecke ist seit über zwanzig Jahren Heilpraktiker mit dem Schwerpunkt Chinesische Medizin und Reikilehrer. Er gibt TCM Seminare zu den Fünf Elementen in Verbindung mit schamanischer Arbeit.
Monika Feuerlein verbindet Schamanismus und Kinesiologie als Heilungsbegleiterin. www.lebensrad.net